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Jahresrückblick 2018

Jahresrückblick 2018

Ein Rückblick auf mein Jahr 2018. Ein Jahr voller Höhen und Tiefen in dem ich zwar meine Ziele nicht erreicht habe, dafür war das Jahr ein guter Lehrer!

Mein Jahr 2018

Ein sehr persönlicher Rückblick auf 2018 der mit schonungsloser Ehrlichkeit meine Reise mit all ihren Hochs und nicht wenigen Tiefs zeigt.
Die Welt ist nun mal kein Einhorn-Hof, aber wenigstens gab es ein paar Regenbögen.

ACHTUNG! Dieser Artikel kann triggern! Wenn Du sensibel für Rückschläge oder Essstörungs-Thematiken bist, lies diesen Artikel nicht!

Vor genau einem Jahr saß ich abends mit meiner Familie am Esstisch und es gab Fondue. Ich hatte mir alles genau im Kopf zurecht gelegt. Was ich essen würde, wie viele Kalorien, wann und wie. Ich hatte mir für diesen Tag vorgenommen, mehr als sonst üblich zu essen, denn 2018 sollte MEIN JAHR werden. Ich wollte endlich gesund werden und meine Essstörung, die Anorexie mit all ihren Folgen und Einschränkungen hinter mir lassen.

Leider sind beide Pläne nicht aufgegangen. An Silvester habe ich unterbewusst und als "Vorsichtsmaßnahme" für das "kalorienreiche Festmahl" schon mal untertags ordentlich eingespart und mich auch vorsichtshalber schon mal mehr bewegt.
Das besagte Festmahl fiel dann aber doch bei weitem  nicht so üppig aus wie gedacht und ich hatte den ganzen Abend über Hunger. Pünktlich um Mitternacht wurde mit meiner Familie geknallert, aber das kann ich jetzt auch nur mit Ungewissheit sagen. Ich habe von dem Abend nur noch wenig Erinnerungen. Das Untergewicht hat mein Gehirn schlicht und einfach matschig gemacht.

Auch in den letzten Jahren und vor allem auch noch im Beginn dieses Jahres klaffen große Erinnerungslücken. Die Essstörung raubt einem einfach alles...

Trotzdem hier jetzt ein Rückblick an die Dinge an die ich mich klar erinnere. Und neben mir habe ich noch mein Handy als Erinnerungsstütze...

Jahresrückblick 2018

Genug mit dem Vorgeplänkel. Jetzt fange ich endlich mal an. Das ungefähr habe ich mir wohl auch an diesem Silvester-Abend 2017 gedacht. Denn nach meinem nicht so üppigen Abendessen und mit Beginn des Neuen Jahres hab ich - als meine Familie bereits im Bett war - noch alles mögliche in mich hineingestopft. Einfach, um mir zu beweisen, dass ICH ES KANN! Das schlechte Gewissen hat mich aber am nächsten Morgen natürlich sofort wieder eingeholt.

Ich war wirklich motiviert, endlich zuzunehmen, der Krankheit den Kampf anzusagen und Gas zu geben!
Dieser Plan war schon im Oktober 17 eine beschlossene Sache für mich und ab da steigerte ich meine Kalorien schrittweise bis auf "Erhaltmenge". Das klappte auch ziemlich gut. Nur zugenommen hatte ich noch nicht und mit der Steigerung kamen leider auch ungewünschte Nebeneffekte, wie starke Kreislaufprobleme und rückblickend litt ich enorm unter dem "Refeeding-Syndrom"
Meine Konzentration wurde immer schlechter und ich hatte kaum Kraft. Im Dezember standen dann in der Schule die ganzen Prüfungen an und ich konnte beim besten Willen nicht mehr lernen oder im Unterricht aufpassen, so dass ich zusammen mit meiner Ärztin und Schule beschloss, mich vorübergehend vom Unterricht zu befreien. Ich wollte mich über die Weihnachtsferien so gut stabilisieren, dass ich im neuen Jahr 2018 wieder vollgas geben könnte. Daraus wurde nichts. Erst im September stieg ich wieder in die Schule ein.

Silvester beschloss ich nun also erst, so richtig zuzunehmen. Psychisch wurde dadurch natürlich nichts besser. Im Gegenteil, mein psychischer Zustand verschlechterte sich, da ich mir wie ein Versager vorkam. Ein Versager im Bezug auf die Essstörung.

Mein Bewegungsdrang wurde in den folgenden Wochen immer schlimmer und ich nahm nur sehr langsam zu. Was aber zunahm waren meine Zwänge und Ängste.
Ich entwickelte immer mehr Routinen, Bewegungszwänge, Zähl- und Handlungszwänge. An Schulbesuch war noch bei weitem nicht zu denken...

Diese Wochen lassen sich eigentlich ziemlich schnell zusammenfassen: Spazieren, Einkaufen, Fernsehgucken, Solitär am Computer spielen, Haushalt, Zwänge...
In dieser Zeit habe ich aber auch enorm viele Podcasts im Bereich "Persönlichkeitsentwicklung" und "Wissenschaft" gehört. Das war wohl eines der Dinge, die mich aus dieser Zeit für die Zukunft am meisten prägen werden. Aber davon abgesehen war diese Zeit verschwendete Lebensmüh und so war es auch nicht verwunderlich, dass ich in meinem Leben eigentlich keinen Sinn mehr sah und regelmäßige Nervenzusammenbrüche und tägliche Suizidgedanken hatte.
Kontakt zu Freunden? Fehlanzeige. Hin und wieder ein Telefonat... Das war es... Ein Highlight war aber dabei: Die Schmetterlings-Ausstellung die ich zusammen mit einer Freundin besuchte. Wir redeten ganz, ganz viel und ich erzählte ihr von meinen Zukunftsplänen. Denn ich war wie eine wandelnde Stimmungsschwankung. In einem Moment hatte ich die tollsten Pläne, inspiriert durch die Podcasts die ich hörte - im nächsten Moment wollte ich alles hinwerfen. Das machte meinem Umfeld der Umgang mit mir nicht leichter + ich konnte wegen meiner schlechten Konzentration Gesprächen teilweise nicht folgen, so dass ich immer mehr vereinsamte.

In dieser Einsamkeit blieb nicht viel als Zwänge und Bewegung die mir halt gaben. Ein Teufelskreis...
Zugenommen habe ich trotz allem weiterhin. Zwar langsam aber immerhin. In dieser Zeit habe ich auch meine Pintparties (einen 500ml Becher Eis essen) begonnen (um damit Kalorien wieder gut zu machen) und meine Liebe zu Ben & Jerry's entdeckt. Meine erste Pintparty und für mich damals ein herausragendes Event, feierte im am 07. Februar zusammen mit einer lieben Freundin. (Ich hatte das Half Baked - welches mein Liebling wurde, sie das What-a-lotta Chocolate Cookie Core Ben & Jerry's).

Als Flucht und Rückzug hatte ich immerhin Instagram und das war auch der Ort, an dem ich einige wundervolle Menschen kennengelernt habe, die mir immer wieder Kraft gegeben haben! Eine von ihnen habe ich ganz besonders ins Herz geschlossen und sie hat mich auch dazu ermuntert, diesen Blog hier zu starten. Schon Wochen zuvor hatte ich an einer anderen Website gearbeitet, die aber noch nicht online war. Die alte beschäftigte sich hauptsächlich mit Essstörung, aber die neue sollte ein gemeinsames Projekt werden. Da uns beide auch unsere Liebe zum Eis verbindet, beschlossen wir einen Eis Blog zu starten. Ich arbeitete bestimmt 200 Stunden alleine am Aufbau der Seite und hatte starke Probleme mit meinem Perfektionismus, aber immerhin hatte ich eine Aufgabe.
Zum ähnlichen Zeitpunkt beschloss ich auch mit Minnimaud anzufangen (20.04.18). Ich verpflichtete mich also mindestens 3000 kcal am Tag zu essen und zu Beginn nahm ich dadurch auch schnell zu, aber mein Bewegungsdrang verschlimmerte sich und die Zunahme geriet ins Stocken... Zudem überschätze ich meine Kalorien auch und trackte großzügiger als ich aß. Dennoch kam ich an manchen Tagen auch locker auf 4000 Kalorien, in Phasen mit Extremen Hunger sogar auf bis zu 7000 Kalorien täglich die ich nicht mehr als ich es bereits tat kompensierte.

Die Wochen gingen ins Land und jeder Tag sah mehr oder weniger gleich aus. Ich nahm sehr langsam zu und arbeitete regelmäßig zusammen mit der Freundin am Blog.
Wirkliche Tageshighlights hatte ich nicht, wenn überhaupt dann war es mein übertrieben großer "Nightsnack". Ich habe einfach nur noch von einer Mahlzeit zu nächsten, von einem Tag zum anderen gelebt.

Doch dann kam die Chance aus meiner Routine herauszukommen: Ein früherer Freund, den ich 2015 bei meinem Australien Austausch kennengelernt habe (ebenfalls deutscher Austauschschüler) feierte sein bestandenes Abi mit einer Mini-Europa-Reise. Im Juni wollte er mit seinem besten Freund nach Barcelona....

Während ich diesen Jahresrückblick schreibe sitze ich gerade sehr bewegt an meinem Schreibtisch und blicke aus dem Fenster.
Die Feuerwerke erleuchten den Himmel und ich fühle mich leer und einsam wie selten zuvor. Diese Krankheit hat mir alles genommen.
Sie hat mir meine Freunde genommen, sie hat mir meine Familie genommen, sie hat mir meine Jugend genommen.
Sie hat mir meine Unbeschwertheit genommen...

Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal wirklich gelacht habe. Ich fühle diese Leere in mir.
Ich bin gut im Verdrängen... Ich bin gut im "Maske aufsetzen".
Ich bin gut darin mich selbst anzulügen und mir zu sagen, mir geht es okay.
Ich laufe seit Jahren vor mir weg... Laufe weg vor dem Leben...

2018 sollte mein Jahr werden. Aber was habe ich erreicht? Ich weiß es gerade selbst nicht mehr...

Das Geknaller wird weniger. Die meisten Nachbarn haben ihre Munition verschossen.
Es ist 0:25. Hallo 2019! Bitte werde ein gutes Jahr. Bitte gib mir die Kraft, aus meinen Fehlern 2018 zu lernen.
Fehler umgestellt ergibt Helfer.
Ich möchte lernen und endlich leben. Frei sein... Irgendwann wieder vertrauen können

Zurück zum Jahr. Ich muss mich dem stellen. Wer weiß ob ich diesen Beitrag überhaupt veröffentliche... Das ganze ist jetzt doch ein bisschen therapeutisch für mich... Selbsttherapie

Ich hatte also das Angebot von den beiden Jungs sie im Juni nach Barcelona zu begleiten und eh ich mich versah war ich dabei. Flüge wurden gebucht, eine Airbnb Wohnung gemietet.
Und dann war auch schon Abflug. Eine Woche Barcelona und ich flog allein. Die beiden kamen direkt aus Rom dazu und wir trafen uns vor Ort.
Die Reise war voller Herausforderungen, aber die größte Herausforderung waren meine Zwänge... Und meine Essstörung. Beides konnte ich auch in der Zeit dort nicht ablegen und letztendlich war es zwar ein toller Urlaub, aber auch eine Zeit, die ich hätte besser nutzen können. Aber es war trotzdem eine tolle Erfahrung. Ich bin dadurch definitiv selbstständiger geworden, denn ich habe auch viel Zeit alleine in der großen Stadt verbracht. Ich musste mich alleine mit fremder Sprache (ich kann kein Wort Spanisch/Katalanisch) zurecht finden. Auch den Rückflug an dem chaotischen Flughafen mit langer Anreise und viel Chaos habe ich irgendwie gemeistert und war froh als ich endlich wieder zu Hause war. Trotzdem eine Erfahrung die ich nicht hab missen wollen!

Der Sommer schritt ins Land und es war unerträglich heiß. Die Hitzewelle knockte mich regelrecht aus. Das gab viel Anlass für leckeres Eis! 😉
Aber die Tage verliefen trotzdem immer gleich. Selbst mein Geburtstag im August war kein außergewöhnlicher Tag. Gefeiert habe ich nicht. Aber zumindest eine schöne DVD am Abend gesehen und dazu ein Ben & Jerry's Trost-Eis gegessen (Blondie Brownie). Wenigstens meine beiden Jungs ließen mich nie hängen.

Die "Sommerferien" gingen rasend schnell vorbei und ich bekam Panik, denn im September würde die Schule wieder starten. Ich war den Schulalltag nicht mehr gewohnt und wie sollte ich Schule und meine Zwänge vereinbaren?
Mir wurde klar, dass ich etwas ändern musste und zwar SOFORT! Ich ging meine Zwänge an! Radikaler Entzug war das Stichwort. Die Zwänge und Bewegungsroutinen radikal unterbrechen...
Das waren harte Tage und Wochen, aber es wurde einfacher und pünktlich zum Schulanfang hatte ich alles so weit im Griff, dass ich mich bereit für den Unterricht fühlte.

Schon im Oktober hatte ich die ersten wundevollen Kontakte geknüpft. Aber das Soziale hat mich wieder komplett in Panik versetzt. Ich war so lange alleine und ich hatte die einfachsten Grundlagen sozialen Kontakts verloren. Ich zog mich bereits im November von den frischen Freundschaften immer weiter zurück und verbrachte die Pausen lieber allein. In mir war eine unbestimmte Angst...
Auch im Dezember hielt ich alle Menschen auf Abstand. Die Schule lief soweit ganz okay. Aber ansonsten lebte ich weiter von Tag zu Tag einfach nur in der Hoffnung, dass es besser wird...

Es wird nicht besser werden, wenn ich nicht dafür kämpfe. Noch viel mehr als ich es bereits getan habe.
Ich habe in diesem Jahr viele Fortschritte gemacht, habe meine Bewegung und andere Zwänge in den Griff bekommen.
Ich habe zugenommen, auch wenn nicht in dem Maß wie ich es geplant habe.
Ich habe die Angst vor vielen Lebensmitteln verloren, aber immer noch viele Probleme.
Ich habe eine tolle Reise gehabt, aber die Essstörung nicht ablegen können.
Ich habe diesen Blog gestartet, aber nicht konsequent geschrieben.
Ich habe ein neues Hobby für mich entdeckt: Instagram und die Food Photography. Aber das ist noch deutlich ausbaubar.
Ich habe einige wundervolle Freundschaften geschlossen, aber ich pflege sie nicht in angemessener Weise, wie sie es verdient hätten.

Ich habe keine Neujahrsvorsätze aber ein Motto für 2019:

Grow and Prosper

2 Gedanken zu „Jahresrückblick 2018

  1. Sehr mutig den Jahresrückblick zu veröffentlichen! Was für mich persönlich hängen bleibt: Du musst nicht überall 200% geben! Weder in Freundschaften noch bei Insta oder dem Blog! Mach das Beste aus dem Jahr, ich weiß du kannst es schaffen zu kämpfen! Sei nicht zu hart zu dir ♡

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