Ein kritischer Artikel zum Thema Vegan während einer Essstörung. Ist es einfach nur eine Ausrede, nicht gesund zu werden?
Vegan in einer Essstörung - die perfekte Ausrede um krank zu bleiben?
ACHTUNG! Im folgenden Artikel drücke ich lediglich meine eigene Meinung aufgrund von eigener Erfahrung aus. Ich bin gerne bereit, neue Aspekte zu lernen und freue mich auch immer über weitere Meinungen und Kritik in angemessener Form.
Ich freue mich über einen regen Austausch in den Kommentaren oder eine direkte Mail an mich!
Ich selbst hatte eine Phase von einem halben Jahr, in der ich mich zu 100% vegan ernährt habe. Deshalb kann ich hier auch viel aus eigener Erfahrung schreiben. Ich habe mich in dieser Zeit intensiv mit dem Thema Veganismus auseinandergesetzt, vor allen Dingen mit gesundheitlichen und ethischen Vorzügen.
Besonders in der Anfangsphase wurde das Thema „Vegan“ für mich eine sehr persönliche Sache. Ich habe begonnen, mich über diese Ernährungsform zu definieren und war dementsprechend streng mit mir.
Da ich zu diesem Zeitpunkt auch noch extrem tief in meiner eigenen Essstörung steckte, war es für mich DIE Ausrede überhaupt, um bestimmte Lebensmittel zu vermeiden, nicht bei anderen mitzuessen und mich hauptsächlich von Obst und Gemüse zu ernähren.
In dieser Zeit habe ich aber auch sehr viel über gesunde Ernährung gelernt. Ich habe mich auch mit den Themen der Nachhaltigkeit und des Tierwohls intensiv beschäftigt und das ist etwas wofür ich heute tatsächlich dankbar bin, denn es hat mich zu einem bewussteren Menschen gemacht. – Nicht zu einem besseren!
Vegan mit Essstörung
In der Öffentlichkeit wird das Thema Veganismus oft mit dem Thema Essstörung in Zusammenhang gebracht. Noch häufiger verhält es sich andersherum. Eine Person mit einer Essstörung, die sich zudem vegan ernährt wird häufig nicht ernst genommen.
Gerade im Bereich "Social Media" ist das Thema Veganismus ein heißes Thema. Hoch diskutiert und stark umstritten.
Besonders heftig ist die Debatte aber in der "Essstörungs-Community". Viele wechseln hier zu einem veganen Lebensstil und ernten dafür von einem Teil Applaus, vom anderen Teil Verachtung!
Aber fangen wir ganz von vorne an. Warum wird Veganismus mit Essstörungen in Verbindung gebracht?
Wer Vegan is(s)t, hat eine Essstörung?
Diesem Vorurteil bin ich extrem oft begegnet und ich vermute, dass dies vor allen Dingen an einer immer noch sehr unaufgeklärten Gesellschaft liegt. Für viele ist diese Ernährungsform vor allen Dingen eins: Abnormal. Und alles was abnormal ist, ist krank oder falsch. Oder wie man bei mir in Bayern sagt: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“.
Ich bin aber der Meinung, dass Veganismus keinesfalls mit einer Essstörung gleichgesetzt werden darf! Wer sich Vegan ernährt, muss aber besonders bewusst essen und sich unbedingt mit der Thematik auseinandersetzen. Erhält man genug Eiweiß? Wie sieht es mit Vitamin B12 aus? Wer sich wirklich vegan ernähren möchte, sollte regelmäßig ein Blutbild machen lassen, um sicherzugehen, ausreichend versorgt zu sein.
Das empfehle ich aber generell jedem!
Warum ernähren sich einige Essgestörte Vegan?
Ich kann hier nur mutmaßen und auf meine eigenen Erfahrungen und Gedanken aus dieser Zeit zurückgreifen. Natürlich gibt es unendlich viele verschiedene Gründe, aber hier mal ein paar Erklärungsversuche:
- Wer essgestört ist, beschäftigt sich häufig intensiver mit dem Thema Ernährung als eine durchschnittliche Person.
Dabei stößt man zwangsläufig früher oder später auf verschiedene Ernährungsformen. Die vegane Ernährung verspricht dabei große Gesundheitsvorteile und wird leider auch gerne mit Gewichtsabnahme in Verbindung gebracht.
Dabei gibt es nicht wirklich gesundheitliche Unterschiede zwischen einer komplett veganen und einer bewussten sowie ausgewogenen Ernährung, bei der ebenfalls viel Gemüse gegessen wird.
Umgekehrt gibt es bei einer veganen "Junkfood"-Ernährung es keine Unterschiede zu einer Standard-Junkfood-Ernährung. - Man möchte sich immer noch über seine Ernährung definieren.
Für viele ist die Ernährungsform inzwischen fast schon eine Art Religion geworden, auf die man sehr stolz ist und die einem ein gewisses Zugehörigkeitsgefühl gibt. Besonders bei einer Essstörung isolieren sich viele und suchen dann nach einer Gemeinschaft, die sie in der "Ernährungs-Community" finden. - Es geht einem wirklich um das Tierwohl und die Umwelt.
Wer eine Essstörung hat, sollte sich nicht vegan ernähren?
Das wiederum ist ein anderes Thema, bei dem man auf sehr gespaltene Meinungen trifft. Deswegen lege ich hier nur meine eigene dar und versuche klar zu machen, wieso ich zu diesem Schluss komme.
Ich glaube, dass Veganismus in der Genesung sehr vorsichtig zu sehen ist. Vor allen Dingen dann, wenn man sich auf eine „vollwertige“, „gesunde“ Ernährung versteift.
Sich vegan zu ernähren darf keine Ausrede sein, sich seinen Ängsten zu stellen!
Anzeichen für Veganismus als Ausrede
Wer hoch verarbeitete Produkte, vegane Süßigkeiten oder auch vegane Restaurantspeisen meidet (z.B. Spaghetti mit Tomatensoße sind meist vegan und überall erhältlich), der kann sich meiner Meinung nach sicher sein, dass die Essstörung ein gewaltiges Wörtchen bei der Entscheidung, vegan zu leben, mitgesprochen hat!
Wer sich darin wiederfinden kann, dem empfehle ich, sich mal ganz genau zu hinterfragen, wer hier gerade die Fäden in der Hand hat und ob es nicht sinnvoll wäre, vorerst nicht vegan zu leben und sich stattdessen seinen Ängsten zu stellen.
Weiterhin kann man die Frage stellen: „Wie vegan lebt die Person wirklich?“. Wenn sich das Thema „vegan“ auf die Ernährung beschränkt, sollten alle Alarmglocken läuten. Vegan leben schließt nämlich noch weitaus mehr ein: Vegane Kosmetik, keine tierischen Inhaltsstoffe, keine Tierversuche, kein Leder, keine Schafswolle, etc. Die Liste ist endlos lang.
Ein ethischer Veganer würde auch hier versuchen, so wenig tierisches Leid wie nur irgendwie möglich zu verursachen!
Checkliste: Diese Fragen kannst du stellen:
- Welche Lebensmittel werden gegessen?
- hoch verarbeitete Produkte?
- Süßigkeiten?
- Restaurant-Gerichte?
- Wie lange lebt man vegan?
- Schon vor der Essstörung?
- Seit der Essstörung?
- Wird das "vegan leben" als Ausrede genutzt, um bestimmte Situationen zu vermeiden?
- Beschränkt sich das Thema "vegan" auf die Ernährung? Was ist mit:
- Kosmetik?
- Tierversuchen?
- Leder, Wolle?
- ...
Meine persönliche Empfehlung:
Während der Genesung von einer Essstörung sollte man sich nicht vegan ernähren. Wenn es wirklich sein muss – weil einem das Herz sonst zerreißt – dann sollte man dennoch veganes „Junkfood“ essen und sich seinen Ängsten stellen.
Allen anderen würde ich raten, maximal vegetarisch zu leben und die Entscheidung für eine vegane Ernährungsweise erst aus vollem Herzen und 10000% eigener, unessgestörter Motivation zu treffen, wenn man gesund ist.
In der Zeit davor kann man aber in allen anderen Lebensbereichen sehr bewusst leben.
- Man kann auf tierische Kosmetik und Tierversuche verzichten
- Man kann auf tierische Produkte in der Kleidung und bei Schuhen verzichten.
- Man kann generell eine „ökologische“ Lebensform wählen:
- Bio-Produkte
- Regionale Produkte
- Verzicht auf Plastik
- Weniger Fernreisen
- Mehr öffentliche Verkehrsmittel
- Umstieg auf das Fahrrad / mehr Wege zu Fuß (aber nicht bei Bewegungsdrang!)
- … es gibt noch unzählige andere Möglichkeiten! Informiere dich!
Ich hoffe, ich konnte einigen mit diesem Artikel weiterhelfen. Mehr Beiträge zum Thema Nachhaltigkeit werden bald folgen.
Ernährst du dich vegan und wie stehst du zu dem Thema? Ich würde mich riesig über einen Kommentar oder eine Mail freuen!
5 Gedanken zu „Vegane Ernährung mit Essstörung – Allheilmittel oder Ausrede?“
Ich finde es nicht gut, wie immer gesagt wird, dass vegane Ernährung nicht geeignet ist. Ich bin selbst Veganerin und veganer Junk ist das beste. Vegane MM, Vegane Recovery, alles möglich. Pommes, Döner, Pizza, etc kann man alles essen. Größter Junk. Ich könnte niemals wieder tierische Sachen essen und veganer die dies wieder tun würden, tun es nicht aus überzeugen. Das sind die Trend Veganer. die etischen wissen was es gibt. Kokosmilch, Kokos, Hafer, Soja sahne etc. Alles schön fettig zu kochen. Es gibt also keine Argumente gegen, denn vegane Riegel und Junk gibt es heutzutage an jeder Ecke. Nur Obst und Gemüse? Pff. Ordentlicher Veganer Döner mit Seitan und Knoblauchsauce oder vegane Keesesoße. göttlich.
Und das Eis ist auch ein Gedicht und nichtmal Teuer.
Ich finde deinen Post bezüglich dieses Themas super interessant, weil ich wie einige Andere auch schon das Thema Veganismus mit der Essstörung in Verbindung gebracht habe. Meiner Meinung nach kann man wie du schon gesagt hast Veganismus nicht mit einer Essstörung gleichsetzten, da ds viele Leute gibt die sich aus ethischen Gründen für diesen Lebensstil entschieden haben. Was ich aber schon glaube ist, dass sich viele mit einer Essstörung für den Veganismus entscheiden, da sie ihn bezüglich ekniger Dinge als Vorwand benutzen können. Ich persöhnlich kenne auch 2-3 die in Mitte der Essstörung angefangen haben vegan zu leben, davon halte Ich persöhblich wenig, da man sich während der Zeit der Recovery nichts verbieten sollte.
Wollte nur kurz meine Meinung zu dem Thema kundtun!??♀️?
Ich finde du hast einfach nur wahre und ehrliche Worte gefunden, mit denen du mir aus der Seele sprichst. In kann dir wirklich in jeglichen Punkten zur Zustimmen, obwohl ich selbst Vegetarierin bin, also eine abgeflachte Version vom Veganer. Ich möchte etwas von mir persönlich erzählen, denn bei mir war es genau anders herum. Während einer starken Phase der ES habe ich extreme Angst vor Käse entwickelt, was aber der einzige Fleischersatz in der Klinik war und deshalb habe ich für eine bestimmte Zeit aufgehört Vegetarier zu sein. Nach einer Zeit habe ich mich dem Käse, als Fearfood, jedoch wieder gestellt. Ich habe meine Angst überwunden und bin wieder mit Überzeugung zur Vegetarierin geworden.
Ich finde während der recovery sollte man nur vegan essen, wenn man vorher ebenfalls vegan gegessen hat. Vegan leben kann man auf jeden Fall, aber die Ernährung sollte bis zum Normalgewicht nicht vegan sein (ausser es war vor der es auch schon so!!) Man kann vielleicht einen veganen Tag machen oder sich alle 4 Wochen eine Woche vegan ernähren, aber halt sichergehen dass es nicht die es ist…
Sehr interessantes Thema & sehr gut beschrieben. Ausserdem finde ich es toll, dass du aus deinen eigenen Erfahrungen sprechen konntest.
Ich ernähre mich schon sehr lange vegetarisch, auch schon vor meiner Essstörung. Damals war es eine rein ethnische Entscheidung, welche ich nach wie vor beibehalte.
Ich habe mich vor ca. einem Jahr genauer mit dem Thema Veganismus beschäftigt und wollte mich, den Tieren zu liebe, vegan ernähren. Aber schon nach einigen Wochen habe ich bemerkt, dass ich mich extrem einschränke, mir nichts mehr erlaube und mich nicht auf leckere vegane Gerichte oder Restaurants einlassen konnte. Es war also auch eher eine Ausrede, als ein wirklicher Versuch für ein gesundes, ausgewogenes Essen.
Mitterweile ernähre ich mich wieder „nur“ vegetarisch. Ich kaufe Eier nur bei unserem Bauernhof, wo ich sehe, wie die Hühner draussen auf dem Feld sind. Milchprodukte habe ich mehrheitlich durch pflanzliche Alternativen ersetzt. Ausserdem kaufe ich kein Leder und achte auf Naturkosmetik.
Für mich ist das der beste Weg und ein guter Kompromis.
Schlussendlich muss jeder selbst wissen, welche Ernährungsform zu einem passt. Solange man sich nichts verbietet, ist alles i.O. ?
Danke viel Mal für deine Mühe, die du dir immer mit deinem Blog gibst. ?
Liebe Grüsse, Mel